Oktober bis November 2024 / Januar 2025 – Jüdisches Leben heute – Havelberger Dialoge
Kommt, reden wir zusammen, wer redet, ist nicht tot! So sagt es der in einem Prignitzer Pfarrhaus geborene Arzt und Dichter Gottfried Benn. Die „Havelberger Dialoge“ sollen dies befördern. Das Reden miteinander ist in der Tat etwas schwieriger, wir glauben aber, nicht unmöglich geworden. Das haben die Veranstaltungsreihen der Havelberger Dialoge zu den Themen: Judentum, Frieden und Krieg, Islam und jüdisches Leben in der DDR im vergangenen Jahr gezeigt. Und so konnten wir zu diesen Gesprächen über 800 Interessierte erreichen. Die gute Resonanz der vergangenen Jahre macht Mut, die Dialogreihe fortzusetzen. Fast scheint es, als seien die Havelberger Dialoge schon eine eigene Institution.
neuer Termin Mittwoch, 29. Januar 2025, 19.00 Uhr Paradiessaal/Dom
Der Nachholtermin steht fest, die Veranstaltung 29. Oktober 2024 musste leider entfallen,
Lesung und Gespräch mit Philipp Peyman Engel
dem Chefredakteur der Jüdischen Allgemeine und Autor des im Frühjahr erschienen Buches: Deutsche Lebenslügen. Der Antisemitismus, wieder und immer noch
Der brutale Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober ist zu einer Nagelprobe politischer und moralischer Haltung in Deutschland geworden. Das Schweigen der Linken und der Jubel muslimischer Einwanderer, die Unterstützung der Palästinenser durch die Klima-Aktivistin Greta Thunberg, die abgerissenen Plakate der Entführten, das Entsetzen der Politiker, die die Aufnahmen der Täter gesehen haben – viele Gewissheiten hat der 7. Oktober erledigt. In Deutschland zeigt sich der Antisemitismus wieder so offen, dass man vermuten könnte, er wäre nie weg gewesen.
Der deutsche Jude Philipp Peyman Engel ist davon nicht überrascht. Seit Jahren verfolgt er die Anbiederung der deutschen Politik an die Feinde Israels und den alltäglichen Antisemitismus aus allen Ecken der Gesellschaft. Sein Buch ist die schonungslose Beschreibung der moralischen Krise dieses Landes. Philipp Peyman Engel, geboren 1983 in Herdecke, ist als Sohn einer persischen Jüdin und eines deutschen Vaters im Ruhrgebiet aufgewachsen. Der Journalist wurde 2023 mit dem renommierten Medienpreis „Chefredakteur des Jahres“ ausgezeichnet. Am 29. Oktober ist Philipp Peyman Engel in Havelberg.
Dienstag, 12. November 2024, 19.00 Uhr Paradiessaal/Dom
Lesung und Gespräch mit Mirna Funk
Journalistin, Bloggerin und Autorin. 2024 erschien der Spiegel-Bestseller Von Juden lernen – 5784 Jahre Denkgeschichte für die Zukunft
Shitstorms, Sex, Selbstbestimmung – ein ungewöhnlicher Blick auf aktuelle Themen. Wenn es heute um jüdisches Leben geht, dreht sich die Diskussion – insbesondere in Deutschland – meist um den Holocaust, den arabisch- israelischen Konflikt oder Antisemitismus. Dabei ist das Judentum die älteste der monotheistischen abrahamitischen Religionen, das bedeutet eine jahrtausendealte Kultur und Philosophie. Mirna Funk greift in ihrem aktuellen Buch acht Theorien der jüdischen Ideengeschichte auf, und bringt sie in Dialog mit dem „Jetzt“. Dazu gehört zum Beispiel „lashon hara“, das Verbot der üblen Nachrede, oder „tikkun olam“, die Pflicht, die Welt zu verbessern. So eröffnet Funk eine neue Perspektive auf politische Debatten, Streitkultur und Persönlichkeitsentwicklung: lebensnah, philosophisch fundiert und einzigartig.
„Vieles, was heute diskutiert wird, als sei es ein Novum, haben Juden schon lange besprochen. Let’s learn from it.“ So sagt es die Autorin. Mirna Funk, geboren 1981 in Ostberlin, studierte Philosophie und arbeitet heute als Autorin sowie freie Journalistin, unter anderem für ›FAZ‹, ›SZ‹ und ›Die Zeit‹. Seit 2021 erscheint ihre monatliche Sex-Kolumne in der ›Cosmopolitan‹ und seit 2018 schreibt sie über jüdisches Leben bei ›Vogue online‹. Ihr Debüt wurde mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet, das Sachbuch „Who Cares“ wurde ein sofortiger Bestseller. Am 12. November ist Mirna Funk in Havelberg.
Dienstag, 19. November 2024, 19 Uhr im Paradiessaal/Dom:
Lesung und Gespräch mit Dmitrij Kapitelman
Journalist und Autor von Eine Formalie in Kiew.
Dieses Buch ist die Geschichte einer Familie, die einst voller Hoffnung in die Fremde zog, um ein neues Leben zu beginnen und am Ende ohne jede Heimat dasteht. Erzählt mit dem bittersüßen Humor eines Sohnes, der stoisch versucht, Deutscher zu werden. Dmitrij Kapitelman kann besser sächseln als die Beamtin, bei der er den deutschen Pass beantragt. Nach 25 Jahren als Landsmann, dem Großteil seines Lebens. Aber der Bürokratie ist keine Formalie zu klein, wenn es um Einwanderer geht. Frau Kunze verlangt eine Apostille aus Kiew. Also reist er in seine Geburtsstadt, mit der ihn nichts mehr verbindet, außer Kindheitserinnerungen. Schön sind diese Erinnerungen, warten doch darin liebende, unfehlbare Eltern. Und schwer, denn gegenwärtig ist die Familie zerstritten.
Dmitrij Kapitelman, 1986 in Kiew geboren, kam im Alter von acht Jahren als „Kontingentflüchtling“ mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Leipzig und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München. Heute arbeitet er als freier Journalist. 2016 erschien sein erstes, erfolgreiches Buch „Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters“, für das er den Klaus-Michael Kühne-Preis gewann. 2021 folgte „Eine Formalie in Kiew“, für das er mit dem Buchpreis „Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag“ ausgezeichnet wurde und am 19. November ist Dmitrij Kapitelman in Havelberg.
Gedenken am 9. November in Havelberg
Der 9. November ist nicht irgendein Datum in der deutschen Geschichte, dieser Novembertag ist mehrfach historisch belastet. Wir wollen an die antisemitischen Novemberpogrome erinnern, die es auch in unserer Stadt gab.
Daher treffen wir uns am Sonnabend, 9. November, um 18 Uhr zum Gedenken an die Novemberpogrome am Markt in Havelberg (ehemalige Synagoge).
Dienstag, 26. November, um 19 Uhr im Paradiessaal/Dom
Buchvorstellung „Grenzschicksale“
Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt
Entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, wo früher Stacheldraht und Grenztürme die Freiheit der Menschen beschnitten, erstreckt sich heute das Grüne Band. Dieses ehemalige Grenzgebiet ist inzwischen zu einer Oase für Pflanzen, Tiere und Menschen geworden.
Im Buch „Grenzschicksale“ erzählen 30 Zeitzeugen von ihrem Leben an und mit der früheren deutsch-deutschen Grenze. Die Geschichten bestechen durch ihre Nahbarkeit: Sie sind naturgemäß häufig erschreckend, brutal oder tragisch, mindestens so oft aber auch bewegend, detailreich und spannend, oft sogar klug und weise. Die Schilderungen zeigen, wie stark die deutsche Teilung in das persönliche Leben und Arbeiten der Menschen hineinwirkte. Aber auch, wie unterschiedlich die Menschen mit dieser lange als unabänderlich geltenden Grenze umgingen. Die Erinnerungen addieren sich so zu einem Kaleidoskop der Schicksale links und rechts des Eisernen Vorhangs. Sie sollen die Vorstellung nachgeborener Generationen von einer Epoche der deutschen Geschichte bereichern, die bis in die Gegenwart nachwirkt.
Ines Godazgar, die Autorin des Buches, wird gemeinsam mit der Zeitzeugin Inge Jakobs und Maik Reichel, dem Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, diese Dokumentation der innerdeutschen Geschichten in Havelberg, am Dienstag, den 26. November um 19 Uhr präsentieren.
Flyer 2024/2 als pdf – Jüdisches Leben erinnern – im Kirchenkreis Prignitz
Weitere Ankündigungen zu den neuen Terminen erfolgen
online und in der Tagespresse.
Diese Veranstaltungsreihe ist eine Kooperation zwischen der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Evangelischen Kirchengemeinde Havelberg.
Das Projekt wird durch eine Zuwendung des Landes Sachsen-Anhalt ermöglicht.
Terminänderungen vorbehalten!