„Haltung“ – Holzskulpturen von Ulli Kittelmann im Dom zu Havelberg / Mai-September 2022
Ausstellung Sonntag, 29. Mai – Sonntag, 28. August 2022 / verlängert bis Ende September 2022
Außergewöhnliche Bäume mit einem historischen Bezug, einer besonderen Form oder von einem speziellen Standort, die Stürmen zum Opfer gefallen sind oder gefällt wurden, erfahren eine Würdigung in Form von Kunstobjekten.
„Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen, wer ihnen zuzuhören weiß, der versteht die Wahrheit.“
Das von Hermann Hesse stammende Zitat widerspiegelt wunderbar den künstlerischen Ansatz des Holzkünstlers Ulli Kittelmann, der seine Wurzeln in der Altmark hat und in Wilhelmshorst, einer kleinen Waldgemeinde in der Nähe von Potsdam, wohnt.
Für Ulli Kittelmann sind Bäume etwas Einzigartiges. Sie beherbergen in ihrem Inneren Botschaften und Ereignisse, die sie während ihres Wachstums über mehrere Generationen gesammelt und in vielfältigen Formen abgespeichert haben. Diese aufzuspüren und in künstlerischen Objekten mit der dem Künstler eigenen Formensprache sichtbar zu machen, ist immer wieder eine Herausforderung und ein besonderes Erlebnis für den Künstler.
In der intuitiven Bildhauerei, wie Ulli Kittelmann seine Arbeitsweise selbst bezeichnet, sieht er sich eher in der Rolle des Entdeckers und Sichtbarmachers. Für ihn ist die Natur der eigentliche Künstler.
In der am 29. Mai 2022 um 11.00 Uhr im Rahmen einer Führung eröffneten Ausstellung wurden zahlreiche, aus unterschiedlichen Hölzern z.B. alte Obstgehölze, Eibe, Esche, Ahorn, Robinie, Efeu, Olive, entstandene Objekte gezeigt. Die Arbeiten im Innen– und Außenbereich des Doms gaben einen wunderbaren Einblick in das Schaffen in den letzten zehn Jahren des Künstlers mit altmärkischer Herkunft. Immer wieder beschäftigt ihn die Beziehung der Menschen zueinander und deren Haltung in unterschiedlichstem Sinne. Vorsichtige Annäherung, Leidenschaft, Nähe und Zweifel werden für den Betrachter sichtbar und erspürbar gemacht.
Außergewöhnliche Bäume
Ein weiteres wichtiges Gestaltungsthema, das Ulli Kittelmann seit langer Zeit fasziniert und in den Bann zieht, ist der Flug des Ikarus. Von der Fliegerei ansonsten nicht so begeistert, sieht der Künstler hier eher eine Metapher, die u.a. für das Aufbrechen alter Muster, den Mut zum Aufbruch, auch auf die Gefahr des Scheiterns, steht. Die Arbeit „Flug des Ikarus“, eine Hommage an Henri Matisse, ist eine sehr schöne künstlerische Umsetzung dieser Metapher.
Besonders erwähnenswert ist an dieser Stelle das Anliegen von Ulli Kittelmann, außergewöhnlichen Bäumen u.a. mit einem historischen Bezug, einer besonderen Form oder von einem besonderen Standort, die Stürmen zum Opfer gefallen sind oder gefällt wurden, eine besondere Würdigung in Form von Kunstobjekten zu teil werden zu lassen.
So diente ein abgestorbener Ast eines großen Tulpenbaumes aus dem Schloßpark in Krumke als Ausgangsmaterial für die Arbeiten „Fantasie“ und „Kleiner Hirsch“. Als weitere Beispiele für die BaumArt von Ulli Kittelmann waren die ebenfalls in der Ausstellung gezeigten Arbeiten „Zeit“ und „Gedenken an einen Ahorn“ aus dem Holz eines vom bekannten Staudenzüchter Karl Foerster gepflanzten Silberahorns oder diverse Arbeiten aus dem Holz einer bekannten ortsprägenden Blutbuche im Park Babelsberg, die von Fürst Pückler gepflanzt wurde, zu nennen. Durch seine sehr enge Beziehung zu den Bäumen konnte der Künstler auch viel über die Herkunft des Holzes und den Gestaltungsprozess der daraus entstandenen Werke erzählen.
Kirchen mögen die Holzarbeiten von Ulli Kittelmann und diese mögen Kirchen. Wer die Ausstellungsliste genauer betrachtete, konnte dies nachvollziehen.
Auf der anderen Elbseite wurde am 21. Mai 2022 die alte Dorfkirche Räbel nach umfangreicher Sanierung wiedereröffnet. Der Künstler freute sich sehr, dass er mit einigen Objekten an dieser Wiedereröffnung als Kulturkirche „Deichklang“ mitwirken durfte. Diese Arbeiten, ergänzt durch weitere Arbeiten, waren auch im Rahmen der Kultourspur 2022 als (alt)märkische Impressionen zu sehen. Der Besucher hatte somit die Möglichkeit, auf beiden Seiten der Elbe die Arbeiten von Ulli Kittelmann zu entdecken und den Künstler auch persönlich kennenzulernen.
Quelle: U. Kittelmann (2022)