Juni 2017: Petite Messe solennelle – Rossini-Messe in ungewöhnlicher Besetzung mit dem Havelberger Vokalensemble
Am Pfingstsonntag, 4. Juni 2017, führte das Havelberger Vokalensemble die „Petite Messe solennelle“ von Gioachino Rossini im ehemaligen Refektorium des Prämonstratenserklosters am Dom St. Marien auf. Der frühere Speisesaal wird heute als Winterkirche genutzt und eignet sich mit seinem langgestreckten Kreuzgewölbe und einer phantastischen Akustik hervorragend für dieses Konzert in doppelter Hinsicht.
Denn Rossini war nicht nur ein genialer Komponist, sondern auch ein leidenschaftlicher Koch. Das Konzert mit dieser sehr temperamentvollen Messe wurde ein ganz besonderer Höhepunkt der Havelberger Kirchenmusik. Die Petite Messe solennelle entstand im Jahr 1863. Es handelt sich um eine Auftragskomposition für den Comte Alexis Pillet-Will (1805–1871) und dessen Frau Louise Pillet-Will, der das Werk gewidmet war. Die Uraufführung fand am 14. März 1864 zur Einweihung der Privatkapelle des gräflichen Paares in Paris statt. Rossini schrieb in einer ironischen Widmung an den „lieben Gott“: „hier ist sie, die arme kleine Messe. Ist es wirklich heilige Musik (musique sacrée) oder doch vermaledeite Musik (sacrée musique)? Ich bin für die Opera buffa geboren. Du weißt es wohl! Ein bisschen Können, ein bisschen Herz, das ist alles. Sei also gepriesen und gewähre mir das Paradies.“
Mit Singstimmen, zwei Klavieren und Harmonium
Die ungewöhnliche Besetzung der Messe für Singstimmen, zwei Klaviere und Harmonium steht in der neapolitanischen Cembalo-Tradition des 18. Jahrhunderts. Drei Jahre nach der Komposition arbeitete Rossini auch noch eine Orchesterfassung aus – hauptsächlich aus der Sorge heraus, die Messe könnte nach seinem Tode durch die Bearbeitung eines anderen entstellt werden. Rossini bevorzugte dennoch die Version mit der außergewöhnlichen Instrumentierung und verfügte, dass die Orchesterfassung erst nach seinem Tode aufgeführt werden durfte.
Die Originalfassung für Klaviere und Harmonium war nun erstmalig in Havelberg zu erleben. Um einen möglichst authentischen Klang zu bekommen, wurde extra für dieses Konzert ein sehr wertvolles Schiedmayer Druckwindharmonium aus dem Jahr 1890 erworben und restauriert. Die Solopartien gestalteten Rosemarie Arzt (Sopran), Lisa Wedekind (Alt), Robert Franke (Tenor) Lars Grünwoldt (Bariton) sowie Andrea Marie Baiocchi (1. Klavier), Christine Schütze (2. Klavier) und Karolina Juodelyte (Harmonium). Die Aufführung wurde von Domkantor Matthias Bensch geleitet.