Dezember 2012 – Liebe Leser,

Frank Städler – Dompfarramt – Evangelische St.-Marien-St.-Laurentius-Gemeinde in der Hansestadt Havelberg
im vergangenen Gemeindebrief habe ich unter dieser Rubrik ein wenig erzählt, wer ich bin, woher wir kommen und was uns bewegt. In den vergangenen 5 Monaten konnten wir nun erste Erfahrungen in Havelberg und Nitzow sammeln, Bewährtes fortsetzen und Neues beginnen. Vieles im Gemeindeleben befindet sich nach meinem Eindruck in einem Spannungsfeld zwischen NOCH NICHT und SCHON, zwischen alt und neu. Der vergangene Gemeindebrief zum Beispiel, er sollte das erste Mal an alle christlichen Haushalte verteilt werden. Das hat schon ganz gut geklappt, aber noch nicht alle haben ihn erhalten. Es haben sich auch schon einige Menschen gefunden, die freudig mithelfen, aber es sind noch nicht genug. Das Verteilen des Gemeindebriefes ist nur ein Beispiel von vielen. In den vergangenen Monaten haben wir schon einige schöne, besondere Gottesdienste gefeiert, und auch hier gibt es viele bewährte, engagierte Helfer, besonders unter den Ältesten. Aber ist das schon genug, um wirklich lebendige Gottesdienste miteinander zu feiern? Gibt es nicht viel mehr Menschen in Havelberg, die Interesse an ihrer Gemeinde, an ihrer Kirche haben, die mitmachen wollen? Die Teilnahme am Martinsfest am 09.11. hat zumindest gezeigt, dass es Feste gibt, die Menschen aus allen Kreisen der Bevölkerung ansprechen.
Weihnachten ist das nächste dieser Feste.
Doch man muss gar nicht bei den Beispielen aus der Gemeinde bleiben, wenn man an die Spannung zwischen SCHON und NOCH NICHT denkt. Man kann auf den eigenen Glauben schauen, auf die gerade begonnene Adventszeit und entdeckt, dass man auch hier immer wieder in diesem Spannungsfeld steht. Man ist in Gedanken schon beim Fest, bei all den Dingen, die es vorzubereiten gilt: Wünsche und Geschenke, Essen und Trinken, Besuche und Fahrten…, aber man hat sich noch gar nicht die Zeit genommen, zu überlegen, was man erwartet, ob man etwas erwartet. Das Bild will uns in das Weihnachtsgeschehen hineinnehmen, in das Licht, das uns hier entgegenleuchtet. „Die drei Könige an der Krippe“ hat es die Schweizer Künstlerin Maya Armbruster genannt. Doch eine Krippe ist genauso wenig zu sehen, wie die Heilige Familie. Eher fühlt man sich an einen Sonnenaufgang erinnert. Eine helle Kraft geht vom Zentrum aus, die zum Bildrand hin alles Gegenständliche überstrahlt. Die Konturen beginnen, sich im gelben Licht aufzulösen. Übrig bleiben allein die drei Könige. Ich glaube, das Bild zeigt seine Wahrheit erst auf den 2. Blick. Das Licht strahlt uns an. Es erleuchtet uns, als wolle es uns mit in das Geschehen der Weihnacht hineinnehmen. Und das Dunkel bleibt hinter uns.
Wie wäre es, wenn es so ist: dass ich in der Adventszeit Zeit finde, mich auf das Kommen des Lichtes vorzubereiten, auf das Kommen des Heilandes: Komm o, mein Heiland, Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist. Ich weiß, es gibt all die Dinge zu tun. Aber dann ist die Zeit schon um, bevor ich dazu komme, sie adventlich, besinnlich, vorbereitend zu genießen. Also, welche Möglichkeit habe ich? Mich hinsetzen und dieses Bild anschauen? Oder ein anderes Bild, das von Weihnachten erzählt, und dann mit Gott Zwiesprache halten und mein Leben vor ihm ausbreiten? Mein Leben zwischen SCHON und NOCH NICHT: ich bin schon oft getröstet worden; doch ist mein Glaube noch nicht fest genug… Der eine schaut sich tatsächlich ein Bild an und kommt zur Ruhe, zu sich, zu Gott. Ein anderer hört Musik, der nächste wieder liest. Schauen, hören und sehen Sie –liebe Leser– über den Alltag hinaus auf Gott, denn dazu lädt uns die vorbereitende Adventszeit ein, dass dann, wenn das Kommen Christi gefeiert wird, unser Herzens Tür IHM offen steht.
In diesem Sinne grüßt Sie herzlich, Ihr
Frank Städler